Erschienen in Der Freitag, Ausgabe 51/2021, Foto oben: Eva Kienholz
Fünf junge Frauen laufen zielstrebig auf das Bundeskanzleramt zu. Sie sind nicht gekommen, um den neuen Kanzler Olaf Scholz zu sprechen. Sie haben schon mit ihm gesprochen. Genützt hat es aus ihrer Sicht wenig. Sie sind gekommen, um ihn an ihre Forderungen zu erinnern. Es geht um die Rettung des Klimas. Und damit um die Rettung der Menschheit, wie sie selbst sagen. Dafür haben sie Eimer mit oranger Farbe dabei. Und Pinsel.
Einen Tag vor der Aktion am Kanzleramt hebt Lea Bonasera in einer Altbauwohnung in Berlin-Kreuzberg einen der hölzernen Pinsel hoch und fragt: „Sieht der nicht harmlos aus?“ Später gibt es Kartoffelbrei mit Spinat und Tofuwürfeln, jetzt wird erst einmal geredet. Über das, was die Gruppe antreibt. Sie nennen sich „Aufstand der letzten Generation“.
Das klingt nach Untergangsstimmung und Revolte, aber wenn die Aktivistinnen sprechen, wirken sie nicht radikal, sondern bedacht. Oft verzweifelt. Die meisten sind Anfang 20. Viele haben ihr altes Leben für den Aktivismus aufgegeben, leben konsumreduziert und von Erspartem, manche erhalten auch Hilfe von ihren Eltern. Sie sagen, sie verstünden, dass sie privilegiert seien – gerade deswegen sehen sie sich in der Verantwortung. Fast alle haben sich bei größeren Klimaschutzbewegungen wie Extinction Rebellion oder Ende Gelände engagiert, Straßen blockiert oder sich an Böden festgeklebt. Andere in ihrem Alter gehen zur Uni oder feiern, sie überlegen, wie sie den Planeten retten können. „Es ist schon schwierig geworden, Momente zu finden, in denen man wirklich unbeschwert ist“, sagt Lea nachdenklich. Ihre Zeit verbringt sie damit, wissenschaftliche Texte über die Klimakrise zu lesen oder Aktionen zu planen. Manchmal schreibt sie noch an ihrer Doktorarbeit. Aber auch die hat mit Aktivismus zu tun: Sie handelt von zivilem Ungehorsam. …