Lobbyistin für Geflüchtete

Anne-Marie Braun ist Mitgründerin des Vereins „Schöneberg hilft“, der hier ankommende Menschen aus der Ukraine unterstützt. Dabei muss sie selbst mit einem schweren Schicksal fertigwerden

Erschienen in Der Freitag, Ausgabe 12/2022, Foto oben: Eva Kienholz

Tausende Geflüchtete aus der Ukraine kommen täglich in Berlin an: in Zügen, Bussen, Autos. Viele Freiwillige sieht man an Bahnhöfen. Sie tragen gelbe und orange Warnwesten. Einige Freiwillige sieht man aber auch nicht. Sie arbeiten im Hintergrund, koordinieren und organisieren. Eine davon ist Anne-Marie Braun von „Schöneberg hilft“. Das ist ein gemeinnütziger Verein von Ehrenamtlichen, die Geflüchtete und sozial benachteiligte Menschen unterstützen. „Aktuell ist meine Handynummer in ganz Berlin in Umlauf“, sagt sie. Und wer Braun in ihrem Büro im „Interkulturellen Haus“ in Schöneberg erlebt, glaubt ihr das mit der Handynummer sofort.

Kaum hat sie einen Satz gesagt, klingelt ihr Telefon. Meistens sind es Menschen, die ukrainische Geflüchtete bei sich aufgenommen haben und jetzt mit der Situation überfordert sind. Mit Traumatisierten und Schwangeren, mit Kranken, die Medikamente benötigen, oder Kindern, die nachts weinen. Mit alten Leuten an Rollatoren, die kein Wort Englisch sprechen oder komplett verstummt sind.

Anne-Marie Braun sucht dann nach neuen Unterkünften, telefoniert mit Hotels, Kirchen oder Initiativen aus anderen Berliner Bezirken, die entweder Rat oder Räume zur Verfügung stellen. „Es sind eben nicht nur blondgelockte, hochwangige Frauen, die hier ankommen, sondern auch viele Studierende aus Afrika“, sagt sie, die nicht gern ein Blatt vor den Mund nimmt. Das gilt auch, wenn es um sie selbst geht. Auf die Frage hin, warum sie in Frührente ist, zögert Anne-Marie Braun nicht, von ihrer Erkrankung zu erzählen. „Ich war 2018 schon zweimal tot“, sagt sie gefasst. …