Endlich wieder unterwegs: Eine Reise zu einer Hochzeit auf dem Balkan in Zeiten der Pandemie
Erschienen in Der Freitag, Ausgabe 21/2021, Foto oben: Eva Kienholz
Wie seltsam es sich anfühlt, eine andere Hand zu drücken. Seine eigene Hand ausstrecken, anvisieren, Handfläche an Handfläche führen, zudrücken, weder zu fest noch zu locker, es gibt hier nichts zu beweisen oder zu bereuen. Nach anderthalb Jahren ohne fühlt sich ein Händedruck mächtig an, aber auch fremd: eine Reliquie.
Wir stehen in Serbien an einem Felsen, die andere Hand gehört Bogdan, unserem Gastgeber. Er hat sie uns nacheinander gereicht und dazu so überzeugt gegrinst, wie nur Menschen jenseits der 60 es können, die immer zum Horizont geblickt haben. Bogdan ist Bergsteiger, gebräunt und gut gelaunt, er erklärt uns, wie wir auf den Felsen gelangen. „Nach dem ersten Haus im Ort rechts und unter der Stromtrasse immer weiter hoch.“ Wie haben wir das vermisst, dass es endlich nach oben geht, wohin auch immer. War zuletzt doch eher so ein Tippeln seitwärts, das Leben.
Wir sind wegen einer Hochzeit in Serbien, beide seit einem Dreivierteljahr zum ersten Mal im Ausland. Vor dem Fest wollen wir einige Tage in die Berge. Eva ist noch nicht geimpft, Nik hat eine Dosis Astra im Arm. Wir nehmen uns eine Mischung aus deutschen und serbischen Corona-Regeln vor: drinnen Maske tragen, draußen mit Abstand auch Restaurants aufsuchen. Gleich am ersten Abend, noch in Belgrad, fanden wir uns an einem Tisch voller gegrilltem Gemüse, Kajmak und Cevapcici wieder. Von den anderen Tischen drang Stimmengewirr herüber, ein flauschiger Geräuschteppich legte sich über atmosphärisch erleuchtete Straßen. Endlich wieder. …